Von eurasianet.org
Der Präsident Usbekistans Schawkat Mirzijojew hat die Idee aufgegeben, dass die Regierung Geld direkt in die Wirtschaft pumpt, um dem Land aus der aktuellen, durch das Coronavirus verursachten Krise herauszuhelfen, und sich stattdessen an die Wirtschaft gewandt, um Bedürftige und Arbeitslose zu unterstützen.
„Das Land verfügt über ausreichende Reserven, um die Bevölkerung und die Wirtschaft zu unterstützen. Es gäbe keinen simpleren Weg, als der Öffentlichkeit einfach Geld zu geben“, sagte Mirzijojew in einer Fernsehansprache am 20. April. „Aber kein Wirtschaftswissenschaftler kann die Folgen vorhersehen. Außerdem besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass dadurch die Korruption zunehmen würde“.
Mirzijojew schlug stattdessen vor, dass die durch die anhaltende Situation verursachte Arbeitslosigkeit und Not durch eine landesweite Bewegung, die er „Freundlichkeit und Solidarität“ nannte, angegangen werden könnte.
Der Vorschlag des Präsidenten sieht vor, dass beispielsweise ein Geschäftsmann zehn Familien finanziell unterstützt und ein anderer Menschen aus 20 bedürftigen Familien Arbeit gibt. Der Staat würde dann den beteiligten Unternehmen Steuererleichterungen, Rabatte bei Leasingverträgen und einfache Kredite gewähren.
Nur zwei Tage vor Mirzijojews Äußerungen schien der Minister für wirtschaftliche Entwicklung und Armutsbekämpfung, Jamschid Kuchkarow, die Aussicht zu wecken, dass direkte Barzahlungen auf dem Plan stehen und sich dies als wirksames Mittel zur Stimulierung der Wirtschaft erweisen könnte.
In einem Interview auf der Kun.uz-Website unterstützte der Ökonom Behzod Khoschimow die Idee des „Helikoptergeldes“. „Wenn die Quarantäne vorbei ist, werden die Menschen kein Geld mehr haben. Wenn die Menschen kein Geld haben, können sie nichts kaufen. Und das bedeutet, dass es weniger Einzelhandel geben wird“, sagte Khoschimow. „Wenn die Regierung die Öffentlichkeit mit Geld unterstützt, ist das wie ein Holzkohlenbrand. Wenn man einige Zeit wartet, könnte die Holzkohle von selbst aufflammen, aber mit hartem Bargeld wird man sie schneller zum Brennen bringen.
Der Internationale Währungsfonds revidierte Anfang des Monats seine Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts in Usbekistan von zuvor sechs Prozent auf 1,6 Prozent nach unten.
Frühindikatoren aus Taschkent bestätigen den Pessimismus bezüglich der Verlangsamung der wirtschaftlichen Aktivität. Der Staatliche Statistikausschuss berichtete am 21. April, dass Usbekistans Außenhandelsumsatz im Zeitraum von Januar bis März 8,14 Milliarden US-Dollar erreicht habe, was einem Rückgang von 924 Millionen US-Dollar gegenüber dem Vorjahr entspricht.
Der größte Teil des Handels wird mit Russland und China abgewickelt, auf die 16,9 Prozent bzw. 16,8 Prozent des gesamten Handelsumsatzes entfallen. Obwohl der Abstand zwischen diesen Ländern gering ist, ist es bemerkenswert, dass Russland zum ersten Mal seit 2016 China als Haupthandelspartner Usbekistans überholt hat. Da Russland noch immer mit seinem eigenen Coronavirus-Ausbruch kämpft und China bereits eifrig dabei ist, seine Wirtschaft wieder in Gang zu bringen, ist es jedoch wahrscheinlich, dass diese Ablösung nur von kurzer Dauer sein könnte.
Die usbekische Regierung sucht nach Rettungsleinen, wo immer sie sie finden kann
Am 16. April gab das Ministerium für Beschäftigung und Arbeitsbeziehungen eine Erklärung heraus, in der es an die „Cotton-Campaign“, eine Koalition von Arbeitsrechtsgruppen, appellierte, ihren weltweiten Boykott der usbekischen Baumwollexporte aufzuheben. Infolge der Boykottkampagne haben es mehr als 300 Marken und Einzelhändler abgelehnt, usbekische Baumwolle zu beziehen. Usbekische Beamte argumentieren, dass sich die Regierung erfolgreich für die Abschaffung der Zwangsarbeit eingesetzt hat und dass die Beendigung des Boykotts der notleidenden Bevölkerung dringend benötigte Hilfe bringen würde.
„Die Aufhebung des Baumwollboykotts ist eine der wenigen Maßnahmen, die schnell dringend benötigte Arbeitsplätze schaffen und das wirtschaftliche Wohlergehen der Usbeken während der COVID-19-Krise unterstützen könnte“, so das Ministerium für Beschäftigung und Arbeitsbeziehungen in seiner Erklärung. "Allein in der Textilproduktion sind in Usbekistan 200.000 Arbeiterinnen und Arbeiter beschäftigt, deren Löhne den Lebensunterhalt von einer Million Menschen sichern", so das Ministerium für Beschäftigung und Arbeitsbeziehungen. Der Appell stieß jedoch auf Widerstand.
„Wir erkennen die Fortschritte, die Usbekistan auf dem Weg zur Beendigung der Zwangsarbeit gemacht hat, an und sind ermutigt durch sie“, sagte Nate Herman, Senior Vice President für Politik bei der American Apparel & Footwear Association, in einer Antworterklärung der Cotton Campaign. „Angesichts der Null-Toleranz-Politik von Marken in Bezug auf Zwangsarbeit, der gesetzlichen Anforderungen gegen Sklaverei und der Ergebnisse der [Internationalen Arbeitsorganisation], dass im Jahr 2019 mehr als 100.000 Baumwollpflücker unter Zwangsarbeitsbedingungen arbeiteten, benötigen Marken jedoch zusätzliche Zusicherungen hinsichtlich des Arbeitnehmerschutzes“, sagte Herman.
Mirzijojews im Fernsehen ausgestrahlter Appell kam vor dem Hintergrund der Turbulenzen um die usbekische So‘m. Anfang April tauschten usbekischen Banken die Landeswährung noch zu 9.700 je ein Dollar, doch bis zum 22. April war der So‘m auf rund 10.150 gesunken.
Aufgrund der Nachfrage nach harter Währung haben die Banken begonnen, die Auszahlung in Dollar und Euro zu begrenzen. In einem weiteren Versuch, den Wechselkurs zu stützen, sagte die Zentralbank, sie habe 200 Millionen Dollar aus dem Federal Reserve System der USA importiert.
Dieser Beitrag muss nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wiederspiegeln.
Titelbild: Central Bank of the Republic of Uzbekistan - cbu.uz, Public Domain
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