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Will Trump den amerikanischen Interventionismus wirklich beenden?

Von Lucas Leiroz

Nach dem Ende des Kalten Krieges haben die Vereinigten Staaten eine globale Vormachtstellung erlangt und fungieren seitdem als eine Art Weltpolizei. Washington etablierte eine neue Weltordnung und sein Militär reist für Kriege und Operationen quer durch die ganze Welt, um das "richtige" Funktionieren dieser Ordnung und ihre Übereinstimmung mit amerikanischen Interessen zu gewährleisten. Dies ist seit Jahrzehnten die grundlegende Vorgehensweise der US-Außenpolitik, die zu ständigen Konflikten - unter Teilnahme von amerikanischen Streitkräften - geführt hatte, mit hohen finanziellen Kosten und großem materiellen Verschleiß bei den Truppen. Darüber hinaus kam es in Folge oftmals zu sozialen Schäden, hauptsächlich psychologischer Art, für tausende amerikanischer Familien, die betroffen sind von den Kriegen auf der ganzen Welt, in die sich Washington einmischt.

Der US-Präsident Donald Trump hat vor Kurzem in einer Rede bei der Abschlussfeier vor Offiziersanwärtern an der Militärakademie in West Point erklärt, dass das Zeitalter der endlosen Kriege vorbei sei und dass die amerikanischen Streitkräfte nicht mehr die Polizei der Welt seien. Trump zufolge befinden sich die USA in einem entscheidenden Augenblick ihrer Geschichte, nach dem sich die Haltung der Regierung drastisch ändern muss und nicht mehr die zuvor umgesetzte globale interventionistische Politik anwenden soll, sondern die Teilnahme an kontinuierlichen Kriegen vermeiden und einen neuen Weg für die Außenpolitik des Landes beschreiten müsse.

Trumps Worte sind wirklich beeindruckend und offenbaren eine strategische und menschenfreundliche Seite des amerikanischen Staatschefs. Diese Rede war Teil seiner bereits zahlreichen Wahlversprechen aus dem Wahlkampf 2016. Viele Kritiker des Präsidenten behaupten daher, dass der Republikaner lediglich versuchen würde, seine gebrochenen Versprechen nur aufgrund der Wiederwahl wiedergutzumachen, was anzunehmen ist. Die Entscheidung, der amerikanischen interventionistischen Politik ein definitives Ende zu setzen, ist gleichzeitig jedoch durchaus strategischer Natur, da diese Leitlinien nicht mehr der Dynamik der heutigen Welt entsprechen: einem rasanten Aufstieg der aufstrebenden Mächte und der geopolitischen Multipolarisierung.

Auch wenn Trump, die Weltgemeinschaft und das amerikanische Volk das Ende der Interventionen wollen, entspricht dies nicht dem Interesse einer noch mächtigeren Gruppe aus der amerikanischen Politik: des Deep State. Die geheimen Netzwerke von Geschäftsleuten, Banken, Militärs und Geheimdiensten, die in Wirklichkeit die USA regieren, werden es Trump in den letzten Monaten seiner Amtszeit nicht erlauben, solche kühnen Entscheidungen zu treffen und sie werden sicherlich energisch handeln, um ihn zurückzuhalten. Der amerikanische Deep State hat ein Interesse an der Weiterführung von Einsätzen, weil es die Mitglieder dieser Gruppen sind, die von diesen Interventionen tatsächlich ökonomisch profitieren, im Gegensatz zum amerikanischen Volk.

In der Tat kann man sogar darüber spekulieren, ob Trumps Absichten dem Deep State nicht bereits bekannt waren, bevor sie in seiner Ansprache an das Militär öffentlich wurden. Weil das Land in den letzten Wochen in einer Welle von gewalttätigen Protesten und Rebellionen versunken ist, die, wobei sie anscheinend gegen Rassismus und Diskriminierung ankämpfen, in der Praxis weit verbreitete Angriffe gegen das Volk und die Trump-Regierung fördern und den Verdacht erwecken, Demonstrationen mit viel tiefgründigeren Zwecken zu sein als den Kampf gegen Rassismus und die Erinnerung an George Floyd.

Wenn Trump mit seinem Plan fortfährt, den Interventionismus zu beenden, werden die Vereinigten Staaten das nächste Land sein, das dem Interventionismus unterzogen wird. Wo die "Unruhen" immer größere Gewalt erreichen werden und das Land am Rande eines Rassenkrieges stehen wird. Die USA werden dann eine bunte interne Revolution durchlaufen, organisiert vom Deep State. Tag für Tag gewinnt der Anti-Trump-Diskurs an Aggressivität in der Opposition. Zuvor hat der demokratische Kandidat Joe Biden die Möglichkeit einer militärischen Intervention gegen den amerikanischen Präsidenten in Betracht gezogen.

Auf der anderen Seite, falls Trump auf seine Ziele verzichtet und vor der Macht des Deep State kapituliert, wird sein Image diskreditiert und der Sieg seiner Gegner wäre ein noch wahrscheinlicheres Szenario. In der Tat nehmen die Spannungen in den Vereinigten Staaten, die angesichts der mehr als 100.000 Toten unter der neuartigen Coronavirus-Pandemie zu leiden haben, weiter zu, wenn es um eine größere politische Zerrüttung geht, die noch mehr Instabilität, Chaos und Angst vor der ungewissen Zukunft verursacht.

Mehrere Punkte müssen noch geprüft werden. Was wird von nun an Trumps Haltung bei der Frage bezüglich Venezuela und der legitimen Regierung sowie Nicolás Maduro sein? Was wird Trump tun, um seine Truppen aus dem Nahen Osten abzuziehen? Was wird er im Hinblick auf den Iran unternehmen? Was wird er im Hinblick auf China unternehmen? Womöglich ist sich nicht einmal Trump sicher, was zu tun ist, aber eben weil er vorschlägt, sich etwas zu überlegen, um die Spannungen in der Welt zu lindern, sollte dem Präsidenten allein deswegen schon Beachtung geschenkt werden.
 
Doch ist das auch Bidens Wunsch? Der Präsidentschaftskandidat und Gegner von Trump scheint im Gegenteil viel mehr willens zu sein, den Interventionismus und die Praxis der Weltpolizei beizubehalten, die viel stärker globale Kriege und Spannungen verursachen wird. Vielleicht stehen sich zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte ein amerikanischer Präsident und der Deep wirklich gegenüber.

Der Beitrag muss nicht unbedingt die Meinung der Redaktion widerspiegeln.

Titelbild: © AP Photo/John Minchillo

Dieser Artikel erschien ursprünglich im englischen Original auf infobrics.org und wird von der Redaktion übersetzt wiedergegeben.

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