Von Jonny Tickle
Die Mitgliedstaaten der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAEU), einem Gegenstück zur Europäischen Staatengemeinschaft im postsowjetischen Raum, sollten bei den Handelsgeschäften allmählich auf ihre eigenen Währungen zurückgreifen, statt auf den Euro und den US-Dollar, die bei den Transaktionen zwischen der EAEU und China dominieren. Dieser Konsens wurde auf einem virtuellen Forum erzielt, das anlässlich der beidseitigen Integration der fünf EAEU-Mitglieder und Chinas wichtigster außenpolitischer Initiative "Neue Seidenstraße" (engl. "One Belt, One Road" – Anm.) abgehalten worden war. Die 2010 gegründete Eurasische Wirtschaftsunion, bestehend aus Armenien, Weißrussland, Kasachstan, Kirgisistan und Russland, hatte sich in den vergangenen Jahren darum bemüht, eine engere Beziehung zu asiatischen Ländern aufzubauen, insbesondere zu China.
"Um die wachsenden Risiken zu vermeiden, müssen wir auf nationale Währungen umsteigen", erklärte Sergej Glazjev, Minister für Integration und Makroökonomie bei der EAEU-Wirtschaftskommission. "Die diesbezüglichen Anpassungen werden vorgenommen und wir erhöhen konsequent den Anteil der Transaktionen in nationalen Währungen, sowohl in der EAEU als auch im Ausland, obwohl dieser bescheiden bleibt. Zum Beispiel wird in der EAEU nur zur Hälfte mit den Landeswährungen bezahlt, in Bezug auf China ist der Anteil der in Rubel und Yuan abgewickelten Zahlungen noch geringer – 15 Prozent."
Glazjev zufolge geht es bei der Abkehr von den zwei der am meisten gehandelten Währungen der Welt nicht darum, sich davon "politisch abzugrenzen", sondern darum, die Volkswirtschaften der EAEU-Mitgliedstaaten vor einer Lage zu bewahren, die sich ihrer Kontrolle entzieht.
Der Anteil des Dollars am Handel zwischen Russland und China ging im ersten Quartal 2020 auf 46 Prozent zurück und fiel damit zum ersten mal unter 50 Prozent – ein deutlicher Rückgang angesichts der im Jahr 2018 verzeichneten 75 Prozent. 2015 war der Anteil der US-Währung an den bilateralen Transaktionen zwischen Moskau und Peking noch höher und lag bei 90 Prozent. Trotz der Abkehr von dem Dollar haben Fremdwährungen jedoch immer noch die Vorherrschaft im Handel zwischen den beiden eurasischen Großmächten.
Die reduzierte Rolle des Dollars im internationalen Handel kann vor allem auf den anhaltenden Handelskrieg zwischen den USA und China zurückgeführt werden. Pekings Abkehr von Washington fiel zeitgleich mit der De-Dollarisierungsinitiative des Kremls, die 2014 begann, nachdem westliche Staaten aufgrund der Ereignisse auf der Krim Sanktionen gegen Moskau verhängt hatten.
Auf der virtuellen Konferenz erklärte Viktor Dostov, Präsident des Russischen Verbandes für Elektronisches Geld und Überweisung (engl. Russian Electronic Money and Remittance Association – Anm.), inwiefern die Verwendung des US-Dollars im Handel zusätzliche Kosten für die EAEU-Mitglieder verursacht.
"Wenn ich nun Geld aus Russland nach Kasachstan überweisen möchte, erfolgt die Zahlung in Dollar. Zuerst konvertiert die Bank oder das Zahlungssystem meine Rubel in Dollar und konvertiert diese dann in Tenge", so Dostov. "Es gibt eine doppelte Konvertierung, mit einem hohen Prozentsatz als Provision berechnet."
Im August hatte der russische Analyst Alexej Maslov der japanischen Zeitung Nikkei Asian Review mitgeteilt, dass Moskaus und Pekings Abkehr vom Dollar die Schaffung einer "finanziellen Allianz" zwischen den beiden Nationen herbeiführen könnte. Da zwei andere EAEU-Staaten, Kirgisistan und Kasachstan, eine Landgrenze mit China teilen, ist die Notwendigkeit der Wirtschaftsunion sogar noch stärker, bei dem grenzüberschreitenden Handel auf nationale Währungen zu setzen.
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Titelbild: © Stanislav Krasilnikov/TASS
Dieser Artikel erschien ursprünglich im englischen Original auf InfoBrics.org und wird von der Redaktion übersetzt wiedergegeben.
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