Von Alexander Männer
Auf dem BRICS-Gipfel 2020 standen neben dem Kampf gegen das Coronavirus, der internationalen Politik oder der künftigen Entwicklung der Ländergruppe auch Strategien der wirtschaftlichen und politischen Partnerschaft und Entwicklung auf der Tagesordnung. Fragen der Wirtschaft haben für die BRICS-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika, die mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung und etwa ein Viertel der globalen Wirtschaftsleistung ausmachen, stets eine zentrale Rolle gespielt. Angesichts der vorherrschenden Unsicherheit in diesem Bereich und den äußerst turbulenten Prozessen in der Weltpolitik hat der chinesische Präsident Xi Jinping auf der diesjährigen Konferenz der Vereinigung seine Vision der globalen Entwicklung der Wirtschaft präsentiert.
Nach mehr als einem Jahr seit dem Ausbruch des Coronavirus sind die Auswirkungen dieser Krankheit weltweit einschneidend in allen Bereichen und die wirtschaftlichen Folgen für viele Länder katastrophal. So auch für die Volkswirtschaften der BRICS-Mitglieder, die sich in den vergangenen Jahren als aufstrebend erwiesen hatten.
Vor allem Brasilien, einer der größten Corona-Hotspots weltweit, ist mit gravierenden negativen Folgen der Pandemie konfrontiert, die zusätzlich zur Rezession und hohen Staatsverschuldung die heimische Wirtschaft nach unten reißen. Das südamerikanische Land hat derzeit mit solch schwierigen Bedingungen im Wirtschaftssektor zu kämpfen, die vor Jahren noch undenkbar waren.
Eben deshalb ist es umso wichtiger, dass die BRICS-Staaten ihre Ansichten darüber teilten, wie sich ihre eigenen Volkswirtschaften sowie die Ökonomien der anderen Länder und damit auch die Weltwirtschaft insgesamt von diesen jüngsten Rückschlägen erholen können. BRICS ist durchaus dazu in der Lage, der Welt ein starkes Beispiel dafür zu geben, dass es möglich ist, regionale und globale Probleme durch starke Kooperation und zeitgemäße Konzepte zu lösen, anstatt etwa durch einseitige Sanktionen oder Einmischungen in die inneren Angelegenheiten der anderen Länder.
Diesbezüglich hat Chinas Staatschef Xi Jinping in seiner Rede auf dem 12. BRICS-Gipfel, der am 17. November erstmals als Videokonferenz abgehalten wurde, bei den übrigen Staats- und Regierungschefs für seine Sichtweise auf einen künftigen Entwicklung der wirtschaftlichen Kooperation der BRICS als auch der Entwicklung Wirtschaft geworben.
Multipolarität, wirtschaftliche Globalisierung und industrielle Revolution
Grundsätzlich vertritt der chinesische Staatschef die Einschätzung, dass Frieden und Entwicklung nach wie vor das Thema der Zeit sind, wobei Multipolarität und wirtschaftliche Globalisierung eine Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Zukunft für die Menschheit hervorbringen werden.
Für Xi Jinping ist das Mittel, das Frieden und Stabilität für alle gewährleisten soll, ein Einhergehen von Multilateralismus, globaler Wirtschaftskooperation und der "neuen industriellen Revolution". Diese Bereiche sollen sich parallel entfalten und dadurch ergänzen.
Wie bereits mehrfach zuvor hat Xi in seiner Rede auf dem Gipfel betont, die Welt brauche eine multipolare Ordnung, die, im Gegensatz zum Unilateralismus, Streit und Konfrontation vermeiden kann. BRICS müsse in diesem Sinne für Gleichberechtigung und Gerechtigkeit eintreten und die Ideale der UN-Charta hochhalten.
"Wir müssen uns für das Konzept der gemeinsamen, umfassenden, kooperativen und nachhaltigen Sicherheit einsetzen. Wir müssen durch Beratungen und Verhandlungen die Unterschiede angehen. Wir müssen uns gegen Einmischung anderer (Staaten – Anm.) in die inneren Angelegenheiten sowie gegen einseitige Sanktionen und langarmige Gerichtsbarkeit wehren", sagte der Staatschef.
Bei dem Kampf gegen das Coronavirus müsse man aus seiner Sicht die Prinzipien einer offenen Weltwirtschaft wahren und das Konzept der nationalen Sicherheit nicht zum Zwecke des Protektionismus missbrauchen. "Die Praxis, die Pandemie zu nutzen, um die De-Globalisierung voranzutreiben und die sogenannte wirtschaftliche Entkopplung und parallele Systeme hochzuspielen, werde am Ende nur die eigenen Interessen und den gemeinsamen Nutzen aller Länder verletzen", so Xi.
Was die sogenannte neue industrielle Revolution anbetrifft, so betrachtet Chinas diese primär unter dem Aspekt der Innovationen, die immer eine wichtigste Triebkraft für die Entwicklung der Menschheit waren. Die Führung in Peking hat eigenen Angaben zufolge ein innovatives System als Grundlage geschaffen, das Technologie, Bildung, Industrie und Finanzen eng miteinander verknüpft.
In diesem Zusammenhang sei China bereit, so Xi, "mit anderen BRICS-Ländern zusammenzuarbeiten, um den Aufbau einer BRICS-Partnerschaft hinsichtlich der neuen industriellen Revolution zu beschleunigen". Und eigens dafür solle in dem Land ein "Innovationszentrum" entstehen, das mehrere bereits erwähnte Kernbereiche miteinander verbinden werde. So könnten die BRICS-Staaten ihre bestehende wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit ausweiten.
Im Grunde ist der rigorose Wandel in den globalen politischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten der Kernpunkt der chinesischen Vision, bei der alle Länder im Sinne des gemeinsamen Interesses und des gemeinsamen Nutzens der Menschheit zusammenarbeiten. Xi zufolge liegt die Verantwortung dafür auch bei den BRICS-Staaten. Ihre Haltung bei Fragen der Weltpolitik sowie ihre vertrauensvollen Beziehungen untereinander könnten in der Tat zu einem stabilisierenden Faktor für solche Entwicklungen werden.
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Titelbild: © Li Xueren/imago images/Xinhua
Quellen und Anmerkungen:
Die englische Fassung des vollständigen Textes der Rede von Präsident Xi Jinping auf der Videokonferenz anlässlich des 12. BRICS-Gipfeltreffens am 17. November 2020, http://www.xinhuanet.com/english/2020-11/17/c_139523124.htm
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