Von Alexander Männer
Die Staats- und Regierungschefs Brasiliens, Russlands, Indiens, Chinas und Südafrikas haben bei dem 12. Gipfeltreffen der BRICS-Ländergruppe vergangene Woche entsprechend dem Motto der Veranstaltung "BRICS-Partnerschaft für globale Stabilität, gemeinsame Sicherheit und innovatives Wachstum" über wesentliche und komplexe Themen beraten, die maßgeblich zur Veränderung der globalen Landschaft im 21. Jahrhundert beitragen werden. Zum Abschluss des Gipfels wurden umfassende Vereinbarungen getroffen, die der weiteren Entwicklung der Vereinigung, ihrer wirtschaftlichen Zusammenarbeit und gemeinsamen Positionierung auf der internationalen Ebene sowie anderen Aspekten der BRICS-Aktivitäten neue Impulse in den kommenden fünf Jahre geben sollen.
Seit mittlerweile mehr als zehn Jahren fungiert BRICS als eine informelle Plattform des Meinungsaustauschs zwischen den fünf aufsterebenden Wirtschaftsmächten, die ihr Engagement weiterentwickeln und internationale Problemstellungen gemeinsam anzugehen versuchen. Im Hinblick auf die eigene Zielsetzung, eine gerechtere und menschlichere Weltordnung zu schaffen, konnten Brasilia, Moskau, Delhi, Peking und Pretoria inzwischen eine strategische Partnerschaft in den Bereichen Politik, Sicherheit, Wirtschaft, Finanzen, Handel, Wissenschaft, Bildung und kulturelle Beziehungen umsetzen.
In diesem Sinne haben Russlands Präsident Wladimir Putin, der chinesische Staatschef Xi Jinping, Indiens Premierminister Narendra Modi sowie die Präsidenten Brasiliens und Südafrikas, Jair Bolsonaro und Cyril Ramaphosa, bei dem Gipfel am 17. November, der aufgrund der Pandemie erstmals als Videokonferenz abgehalten wurde, die "Moskauer Deklaration des 12. BRICS-Gipfels" verabschiedet – ein Abschlussdokument, dass neue Richtlinien und Prioritäten bei der handels- und wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit, Koordinierung einer gemeinsamen Position auf der internationalen Ebene und andere Aspekten für die kommenden fünf Jahre umfasst.
Wirtschaft und Handel
Die in diesem Arbeitsdokument festgelegte "Strategie der wirtschaftlichen Partnerschaft bis 2025" sieht die Stärkung und Förderung von Schlüsselbereichen der Wirtschaftskooperation vor und damit neue Wachstumsimpulse bei Handelsinvestitionen und Finanzen sowie bei der Entwicklung der digitalen Wirtschaft und eines nachhaltigen Handels.
Desweiteren sollen die neuen Vorgaben den Informationsaustausch und Kapazitätsaufbau in den Bereichen geistiges Eigentum, Ernährungssicherheit, Klimaschutz, Dienstleistungshandel, Handelserleichterungen, Lieferketten, Innovationen und Technologie sowie Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen umfassen.
Auf der internationalen Bühne wollen die fünf Länder auch weiterhin für die Prinzipien eines offenen globalen Handelssystems eintreten und dem zunehmenden Protektionismus entgegenwirken. Insbesondere ist der wirtschaftliche Konsens der BRICS in Zeiten der durch die Coronakrise ausgelösten Rezession dahingehend wichtig, dass der Zusammenhalt innerhalb der Staatengruppe bei dem Kampf gegen COVID-19 dadurch gestärkt und die wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie beschleunigt wird.
Diesbezüglich hieß es im Vorfeld des Gipfels aus dem Expertenrat Russlands, dass unter anderem die wirtschaftliche Kooperation der BRICS-Länder zunehmend mit neuen Herausforderungen und Risiken konfrontiert wird, wie der Digitalisierung und radikalen technologischen Innovationen oder der Krise des internationalen Handelssystem, was vor fünf Jahren bei weitem nicht so offensichtlich gewesen sein soll.
Mit ihrer neuen Fünf-Jahres-Strategie wollen die BRICS-Länder im Grunde Antworten auf diese und andere Herausforderungen und Risiken finden und umsetzen.
Internationale Politik
Auch in den internationalen Angelegenheiten, bei denen sich die Gruppe kollektiv für die Prinzipien einer gerechteren globalen Ordnung einsetzt, wollen die fünf Akteure auch weiterhin, unter Achtung der Normen und Grundsätze des Völkerrechts und der Charta der Vereinten Nationen, gemeinsam für Multilateralismus sowie die Achtung der Souveränität und Gleichheit aller Staaten eintreten.
Im Hinblick darauf definieren die Staats- und Regierungschefs der BRICS in der Moskauer Deklaration eine einheitliche Haltung zu diversen Fragen der internationalen Politik und rufen dazu auf, alle Konflikte ausschließlich mit friedlichen Mitteln zu lösen.
Demnach sollten die aktuellen, miteinander verbundenen globalen Probleme durch eine verstärkte internationale Zusammenarbeit im Interesse der Nationen und Völker im Rahmen eines reformierten multilateralen Systems angegangen werden. Dazu zählen die Vereinten Nationen, die Weltgesundheitsorganisation WHO, der Internationale Währungsfonds IWF, die Welthandelsorganisation WTO und andere internationale Vereinigungen. Dabei müssten ausschließlich die Mitgliedstaaten eine führende Rolle in solchen Organisationen spielen und die Organisationen hingegen die Interessen aller berücksichtigen.
Die BRICS-Länder wollen außerdem das System der internationalen Regelungen weiterhin stärken und reformieren, damit es umfassender, repräsentativer und demokratischer wird. Dadurch sollen die Entwicklungsländer stärker an den internationalen Entscheidungsprozessen mitwirken und mit den aktuellen Gegebenheiten wirksamer umgehen können.
Vor allem besteht laut dem Abschlussdokument die Notwendigkeit einer umfassenden Reform der UNO, einschließlich des UN-Sicherheitsrats, um deren Legitimität und Autorität zu wahren und diese Gremien besser an die heutigen geopolitischen Realitäten anzupassen. Es soll insbesondere die Repräsentanz der Entwicklungsländer in der Organisation gestärkt werden, damit die UN künftig wirksamer und angemessener auf die globalen Herausforderungen reagieren kann.
Coronapandemie und andere Aspekte
Im Rahmen seines BRICS-Vorsitzes widmete sich Russland von Beginn an allen Sphären der BRICS-Kooperation, sowohl der strategischen Partnerschaft in allen Schlüsselbereichen als auch anderen Sektoren.
Neben Aspekten der Wirtschaft, Politik, und Sicherheit wurden etliche Initiativen zur Stärkung der sektorspezifischen Zusammenarbeit zwischen den fünf Ländern gefördert. Dazu zählen die zwischenmenschlichen und kulturellen Beziehungen, Veranstaltungen in den Bereichen kommunale Selbstverwaltung, Sport, wissenschaftlicher Austausch sowie die Kontakte zwischen Experten und Vertretern der Bürgergesellschaft.
Sogar trotz der Pandemie und der damit verbundene Einschränkungen sind die Aktivitäten der Staatengruppe 2020 konsequent durchgeführt worden. Seit Jahresbeginn wurden bereits mehr als 60 entsprechende Veranstaltungen per Videolink abgehalten. Insgesamt werden unter dem BRICS-Vorsitz Russlands 137 Veranstaltungen stattgefunden haben.
Hinsichtlich des Coronavirus haben sich die fünf Staaten für eine intensivere Kooperation ausgesprochen, um weitere kollektive Schritte zur Bekämpfung von Infektionen zu entwickeln, das Zusammenwirken der Abteilungen zur Bekämpfung von Epidemien zu verbessern und eine umfassende Immunisierung gegen COVID-19 zur Vorbeugung, Eindämmung und dem Übertragungsstopp des Virus umzusetzen. Mittelfristig geht es darum, ausreichend Coronaimpfstoff zu Verfügung zu stellen sowie für eine gerechte Verteilung der Medikamente auf der Welt zu sorgen.
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Titelbild (Archiv): © Photohost agency brics-russia2020.ru
Quellen und Anmerkungen:
Die englische Fassung der Moskauer Deklaration des 12. BRICS-Gipfels, 17. November 2020, https://eng.brics-russia2020.ru/images/114/81/1148126.pdf
Die englische Fassung des Dokuments "Strategie der wirtschaftlichen Partnerschaft bis 2025", November 2020, https://eng.brics-russia2020.ru/images/114/81/1148155.pdf
Prioritäten des BRICS-Vorsitzes der Russischen Föderation im Jahr 2020, https://eng.brics-russia2020.ru/russia_in_brics/20191226/1469/Priorities-for-the-Russian-Federations-presidency-of-BRICS.html
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