Von Pasqualina Curcio
Als wären die Trostlosigkeit der Ausgangssperre, die Sorge vor neuen Ansteckungen und die Trauer um diejenigen, die von der Pandemie auf eine andere Ebene geweht wurden, nicht genug, empfinden wir auch eine tiefe Empörung, wenn eine der unmenschlichsten Anti-Werte des Kapitalismus hervortritt: aus Leben und Gesundheit ein Geschäft zu machen.
Die USA, die Europäische Union und Großbritannien wehren sich gegen den Vorschlag, den Corona-Impfstoff von geistigen Eigentumsrechten und Patenten auszunehmen. Besagter Vorschlag wurde im Oktober 2020 von Südafrika und Indien bei der Welthandelsorganisation (WTO) eingereicht. Mehr als 100 Länder haben sich bereits angeschlossen. Barrieren für geistiges Eigentum sollen beseitigt werden, damit Unternehmen ihre Technologie und ihr Wissen an andere Produktionsstätten weitergeben, um massenhaft alle Dosen, die zur schnellstmöglichen Immunisierung der Weltbevölkerung benötigt werden, herstellen zu können. Laut Tedros Adhanom, Direktor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), ist die Produktionskapazität dafür vorhanden.
Das von den Mitgliedsländern der WTO unterzeichnete Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) ist nichts anderes als die legale Schaffung von Monopolen, insofern es dem Kapital für Jahre die Exklusivrechte für die Herstellung und Vermarktung einer Ware sichert. Sie argumentieren, dass Patente die einzige Garantie sind, um einen Anreiz für Investitionen in Forschung und Entwicklung zu schaffen.
Mit der Erpressung des Anreizes gibt man den Pharmakonzernen in Wirklichkeit die Macht zu entscheiden, wer lebt und wer stirbt, und außerdem zu entscheiden, wovon wir leben und woran wir sterben werden. Sie sind es, die die Forschungsagenda nach den Kriterien aufstellen, was für sie am profitabelsten ist, und es ist kein Zufall, dass sie Krankheiten chronisch werden lassen.
Es ist sogar so, dass die Forschungsgelder nicht einmal von der privaten Pharmaindustrie selbst aufgebracht werden. Es sind die Regierungen, die traditionell die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen. Und die Forschungen werden an den Universitäten und hauptsächlich öffentlichen Einrichtungen entwickelt und dann von den Pharmaunternehmen übernommen.
Von den 13,9 Milliarden US-Dollar, die für die Erforschung des Impfstoffs gegen Covid-19 bereitgestellt wurden, haben Regierungen 8,6 Milliarden und gemeinnützige Organisationen 1,9 Milliarden zur Verfügung gestellt, während nur 3,4 Milliarden Dollar von privaten Pharmaunternehmen aufgewendet wurden, gerade einmal 25 Prozent (Airfinity). Dazu rechnen müssen wir noch den sicheren Markt, den Impfstoffe haben, denn tatsächlich haben die Regierungen der sogenannten entwickelten Länder bis Dezember 2020 10,38 Milliarden Dosen vorbestellt.
Das US-Pharmaunternehmen Moderna entwickelte den Impfstoff gegen Covid-19 mit 100 Prozent staatlicher Finanzierung und erhielt dafür 562 Millionen US-Dollar. Bei ihm wurden 780 Millionen Dosen zu einem Durchschnittspreis von rund 31 Dollar pro Dosis vorbestellt, was einen Umsatz in der Größenordnung von 24 Milliarden Dollar bedeutet. Rechnen Sie sich den Gewinn dieser Firma selbst aus.
Pfizer, ebenfalls ein US-Unternehmen, erhielt 268 Millionen Dollar von der Regierung, was etwa 66 Prozent seiner Forschungsausgaben entspricht. Bei ihm wurden 1,28 Milliarden Dosen vorbestellt, was bei einem Durchschnittspreis von 18,5 Dollar pro Dosis einem Umsatz in der Größenordnung von 23,68 Milliarden Dollar entspricht. Bei Astrazeneca/Oxford, mit britischem Kapital, wurden 3,29 Milliarden Dosen vorbestellt, die es zu einem Preis von sechs Dollar je Dosis verkauft. Das Unternehmen wird 19,74 Milliarden Dollar an Einnahmen erzielen, wobei 67 Prozent der 2,2 Milliarden Dollar, die es in die Forschung gesteckt hat, staatlich waren.
Bei Jhonson&Jhonson wurden 1,27 Milliarden Impfstoffdosen bestellt, die es zu einem Preis von zehn Dollar je Dosis verkauft. Das Unternehmen wird damit einen Umsatz von 12,7 Milliarden Dollar erzielen, nachdem es eine Investition von 819 Millionen Dollar getätigt hat, die zu 100 Prozent staatlich finanziert wurde.
Die übrigen Impfstoffpreise reichen von vier bis 37 Dollar je Dosis: SputnikV zehn Dollar, Sanofi/GSK zehn bis 21, Novavax 16, Moderna 25 bis 37, Sinovac 13 bis 29 Dollar je Dosis.
Der Impfstoff gegen Covid-19 ist ein rundes Geschäft, anscheinend das beste in diesen Zeiten: Die Investition für die Forschung übernehmen die Regierungen, die die Mittel an die privaten Pharmaunternehmen vergeben haben; diese haben einen garantierten Markt, weil dieselben Regierungen die Impfstoffe bei den von ihnen finanzierten Unternehmen vorbestellt haben; der gesamte Gewinn geht an diese meist privaten Pharmakonzerne. Und sie sind auch diejenigen, die dank des Monopols, das von denselben Regierungen durch das TRIPS-Abkommen gewährleistet wird, für Jahre die Exklusivität der Produktion und Vermarktung besitzen.
Diese Einschränkung beim Zugang zum Impfstoff als eine Folge der Patente geschieht, während sich gerade 500.000 Menschen infizieren und 8.000 an dieser Krankheit sterben. Ist das nun die menschenverachtendste Darbietung des Kapitalismus oder nicht?
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Titelbild: © Camilo Freedman/SOPA Images via ZUMA Wire
Der Artikel „Das Geschäft mit dem Impfstoff gegen Covid-19" noch dieses Jahr?“ von Pasqualina Curcio ist ursprünglich auf dem Portal „amerika21“ erschienen und wird mit dem Einverständnis des Autors veröffentlicht.
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