Von Wandile Sihlobo und Gracelin Baskaran
Ungeachtet von einem florierenden Landwirtschaftssektor steht Südafrika in diesem Bereich vor einer Reihe von gängigen Herausforderungen, die das Agribusiness regelmäßig aufgreift: Landreform, Dürren und Infrastruktur. Eine wachsende Herausforderung für Unternehmen, insbesondere in den Bereichen Rindfleisch, Wolle, Obst und Wein, besteht jedoch in der Erschließung von neue Absatzmärkten.
Dies ist nicht überraschend, da der Agrarsektor Südafrikas auf den Export stützt, der wertmäßig etwa die Hälfte der landwirtschaftlichen Produktion des Landes ausmacht. 2020 lag der Export-Anteil bei ca. 150 Milliarden Rand bzw. 10,2 Milliarden US-Dollar, wobei im Jahresvergleich ein Plus von drei Prozent verzeichnet wurde.
Bessere Abstimmung von Angebot und Nachfrage ist für den landwirtschaftlichen Bereich von entscheidender Bedeutung. Auf der Angebotsseite wird die geplante Ausweitung in diversen Teilsektoren in den kommenden Jahren zu einer Produktionssteigerung führen. Ein häufig angeführtes Beispiel ist die Zitruszucht: Branchenprognosen deuten darauf hin, dass die südafrikanische Produktion in diesem Bereich im Vergleich zu der erwartenden Ernte 2021 von 148,8 Millionen Kartons (15kg-Standard-Gewicht) bis 2030 um 76 Prozent zunehmen könnte.
Die Steigerung der Nachfrage erfordert die Erschließung von neuen Absatzmärkten. Dies bedeutet, dass Südafrika, abgesehen von den üblichen Märkten, die das Land besitzt, bereits am Zugang zu den prognostizierten Absatzmärkten arbeiten sollte. Dasselbe gilt, wenn auch in geringerem Maße, für andere Früchte, wie Avocados, Blaubeeren, Sommerfrüchte, sowie für Tierhaltung, Weinindustrie und Gerstenproduktion.
Gemäß einem der Ziele der Afrikanischen Kontinentalen Freihandelszone (African Continental Free Trade Area, AfCFTA), der Verbesserung des regionalen Handels, gilt das natürliche Geschäftsgebiet "Afrika" zu erschließen. Es bestehen jedoch noch einige Herausforderungen bei der Verwirklichung dieses Vorhabens. Dazu gehören hohe Transport- und Logistikkosten, administrative Engpässe, lange Verzögerungen an den Grenzen, verursacht durch überzogene Dokumentationsanforderungen für grenzüberschreitende Handelsgeschäfte, festgelegte Handelsquoten, die das Volumen der gehandelten Ware begrenzen, sowie andere nichttarifäre Handelshemmnisse.
Stattdessen wenden sich die Akteure aus dem Industriesektor sich anderen Absatzmärkten zu – den BRICS-Ländern, dem Nahen Osten und Japan.
Die BRICS-Länder stellen einen Kernmarkt im Bereich Landwirtschaft dar und machen laut Angaben von Trade Map zwölf Prozent bzw. 180 Milliarden US-Dollar der weltweiten landwirtschaftlichen Importe und Verarbeitung aus. Innerhalb dieser Staatengruppe ist China mit 68 Prozent der gesamten BRICS-Agrareinfuhren der größte Importeur, gefolgt von Russland (14 Prozent), Indien (zehn Prozent), Brasilien (fünf Prozent) und Südafrika (drei Prozent). Zu den wichtigsten importierten Produkten innerhalb dieser Vereinigung gehören Weizen, Wein, Käse, Zitrusfrüchte, Palmöl, Bananen, Reis, Äpfel und Birnen, Rindfleisch, Kaffee, Schokolade und Milch.
Während Südafrika zu den großen Produzenten von von einigen der genannten Produkten zählt, gelten seine Exporte in die BRIC-Länder als dürftig. Innerhalb der Ländergruppe machten diese Ausfuhren in den vergangenen zehn Jahren durchschnittlich sieben Prozent der gesamten Agrarexporte Südafrika aus. Somit gibt es da noch beträchtliches und unausgeschöpftes Potenzial.
Als die Hauptabsatzmärkte innerhalb der BRICS, an denen die südafrikanischen Agrarmarkt-Akteure interessiert sind, gelten Indien und China. Zusammen machen diese beiden Länder 36 Prozent der Weltbevölkerung aus. Und beide sind auf dem Weg, die Pandemie zu überwinden. Während die Volkswirtschaft Südafrikas 2021 voraussichtlich um 3,6 Prozent wachsen wird, wird China Wirtschaftswachstum laut Schätzungen der South African Reserve Bank 8,1 Prozent betragen. Indiens Wirtschaft wird den Prognosen des IWF zufolge um 11,5 Prozent zunehmen.
Getragen von starken Wachstumsaussichten sind China und Indien genau die Länder, mit denen sich die südafrikanischen Politiker befassen sollten, um das exportgestützte Wachstum im Inland sowie die Ernährungssicherheit im Ausland zu fördern. Diese für alle Seiten vorteilhafte Beziehung sollte in einem verbesserten zollfreien Zugang für eine breite Palette landwirtschaftlicher Produkte verankert werden, deren Produktion in den kommenden Jahren wahrscheinlich gesteigert wird.
Angesichts des anhaltenden Wachstums der südafrikanischen Landwirtschaft, welche ihren Teil zum exportgetragenen Gesamtwachstum der Wirtschaft des Landes beitragen wird, sollten die politischen Entscheidungsträger den privaten Sektor durch die Stärkung der Handelsbeziehungen stützen. Obwohl einige Länder, die ein bilaterales Handelsabkommen mit Pretoria anstreben, während es wiederum den Ansatz der Lokalisierung von Industrie und Handel verfolgt, mit Herausforderungen konfrontiert werden könnten. Trotzdem ist eine für beide Seiten vorteilhafte Beziehung möglich. Südafrika kann durch sein Nahrungsmittelangebot sicherzustellen, dass diese Länder ihre Nachfrage in puncto Ernährungssicherheit befriedigen können.
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Titelbild (Archiv): © Jürgen Bätz/DPA/TASS
Zu den Autoren:
Wandile Sihlobo ist Chefökonom bei der Vereinigung von Agrarunternehmen „Agricultural Business Chamber of South Africa“ und Autor des Buches „Finding Common Ground: Land, Equity, and Agriculture“. Er ist ausserdem Gastforschungsstipendiat im Bereich Governance an der Witwatersrand Universität in Johannesburg.
Gracelin Baskaran ist Forscherin im Bereich Entwicklungsökonomie und Wissenschaftlerin an der Universität von Kapstadt. Sie hält einen PhD von der Universität Cambridge.
Dieser Artikel erschien zuvor im englischen Original auf businesslive.co.za und wird von der Redaktion übersetzt wiedergegeben.
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