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EU-Außenbeauftragter Borrell: „Dieser Krieg wird auf dem Schlachtfeld gewonnen werden“

Von Florian Rötzer

Die EU hat ein fünftes Sanktionspaket seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine beschlossen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatten sich beeilt, möglichst ganz vorne dabei zu sein, um durch eine Fahrt nach Kiew den eigenen Mut zum Ausdruck zu bringen, uneingeschränkte Solidarität mit der ukrainischen Regierung zu demonstrieren. Von der Leyen kündigte gleich schon mal ein nächstes Sanktionspaket und schnelle Aufnahme in die EU an, Borrell und sie versprachen überdies weitere 500 Millionen Euro für Militärhilfe.

Den Reigen hatten bekanntlich die polnischen, slowenischen und slowakischen Regierungschefs eröffnet, auch wenn der Besuch ein Fake sein kann. Desto mehr bemüht man sich jetzt, die Anwesenheit der Politiker in Kiew oder Buch zu zeigen. Am Samstag kam dann auch noch nach dem österreichischen Kanzler Boris Johnson angereist, dem Selenskij besondere Aufmerksamkeit widmete und ihn durch Kiew unter Militärschutz begleitete, wo dann der tapfere Premierminister angeblich auch mit zufällig begegnenden Passanten sprechen konnte. Die Medientour von Selenskij und Johnson bewies nebenbei auch, dass das Zentrum von Kiew unversehrt ist und dass der ukrainische Präsident keine Angst vor Killerbanden haben muss, die ihm nach dem Leben trachten, wie das westliche Medien vor einiger Zeit behaupteten.

„Die EU-Kommission begrüßt die heutige Einigung im Rat auf ein fünftes Sanktionspaket gegen das Putin-Regime als Reaktion auf den brutalen Angriff gegen die Ukraine und die dort lebenden Menschen. Zusammen mit den vier vorangegangenen Paketen wird der Kreml durch diese Sanktionen wirtschaftlich noch stärker unter Druck gesetzt und von Finanzierungsquellen für seine Invasion der Ukraine abgeschnitten. Diese Maßnahmen sind umfassender und strenger, so dass sie die russische Wirtschaft noch härter treffen.“ EU-Kommission zum 5. Sanktionspaket.

Welchen Zweck die Sanktionen haben sollen, zumal sie nicht mit konkreten Forderungen verbunden sind, bleibt schleierhaft. Angeführt von Washington scheint es nur um hektische Bemühungen zu gehen, immer mehr Waffen, Geld und Sanktionen zu liefern. Ein Ende ist nicht in Sicht, eine konstruktive Politik auch nicht, die Menschenleben schützt, anstatt das Blutvergießen und die Grausamkeit des Kriegs zu verstärken und den militärisch-industriellen Komplex zu unterstützen. Zynisch gesagt, können die Kriegsflüchtlinge dieses Mal auch in den osteuropäischen Ländern als billige Arbeitskräfte gebraucht werden, während der Wirtschaft Gewinne beim Wiederaufbau des Landes winken.

Ganz offensichtlich haben sie nicht dazu geführt, den russischen Angriff zu stoppen und Waffenstillstandsverhandlungen zu führen. Während zu Beginn des Kriegs noch Bemühungen von Kiew und Moskau vorhanden waren, nicht nur über einen Waffenstillstand, sondern auch über ein Friedensabkommen und wechselseitige Sicherheitsgarantien zu sprechen, scheint dies höchstens noch am Rande und diplomatisch verfolgt zu werden. Die Botschaft ist viel mehr, dass Russland isoliert, seine Wirtschaft ruiniert und das russische Volk, das sich hinter Putin stellte, in die Verarmung getrieben werden soll, während der unaufhörliche Fluss an Waffen den Krieg verlängern oder auch einen Sieg der Ukraine bewirken soll, was immer Sieg bedeutet, wenn dabei ein großer Teil des Landes ruiniert wird.

Selenskij schwankte immer mal wieder und her, ist aber jetzt rhetorisch auf der Linie: Alles oder nichts. Das mag gut für USA/Nato sein, aber nicht für das eigene Land, das jeden weiteren Tag Krieg ebenso wie Russland mit jahre- oder jahrzehntelangen Krisen und Konflikten durch verbohrten Nationalismus und Hass bezahlen wird. Selenskij machte gerade den Kampf um Mariupol zum Kern möglicher Verhandlungen.

Obgleich oder weil die Stadt weitgehend eingenommen wurde und die ukrainischen Milizen, allen voran Asow, nur noch an drei Orten die Stellung halten können, sagte der ukrainische Präsident gestern: „Mariupol ist heute das Herz dieses Krieges. Es kämpft. Wir kämpfen. Wir sind stark. Wenn es aufhört zu kämpfen, werden wir schwächere Positionen haben.“ Selenskij hatte schon mal angeboten, dass die Milizen den Kampf aufgeben und abziehen können, was diese aber ablehnten. Er musste die Kröte schlucken, die auch bedeutet, dass die Menschen in den umkämpften Gebieten in Mariupol weiter leiden müssen. Die Hafenstadt ist strategisch und geopolitisch höchst wichtig, für Russland geht es um eine Landverbindung zur Krim und die Sicherstellung von deren Wasserversorgung.

Mykhailo Podoliak, Berater des Leiters des Präsidialamts, kündigte hingegen den Kampf um den Donbass als entscheidend für die Fortsetzung der Gespräche an. Er setzt auf Sieg, weil dann die Ukraine Forderungen „diktieren“ könne. Für die Menschen im Donbass verheißt dies nichts Gutes: „Die Ukraine ist bereit für große Schlachten. Die Ukraine muss sie gewinnen, insbesondere im Donbass. Und dann wird die Ukraine eine substanziellere Verhandlungsposition bekommen, von der aus sie bestimmte Bedingungen diktieren kann. Danach werden sich die Präsidenten treffen. Es kann zwei Wochen dauern, drei…“ Oder auch länger. Und was, wenn Russland, was wahrscheinlicher ist, den Donbass besetzt. Hat es sich dann gelohnt?

Die Haltung der EU scheint nun identisch mit der der Nato und vor allem der USA zu sein: Krieg bis zum bitteren Ende. „Euer Kampf ist unser Kampf“, sagte Borrell einmal wieder in Kiew und meinte das auch so, nämlich dass die Ukrainer den Kampf gegen Russland so lange durchhalten sollen, bis die Sanktionen vielleicht Russland in die Knie zwingen. „Wir müssen die Waffen liefern, die ihr braucht, um den Kampf fortzusetzen“, sagte Borrell, der aus gutem Grund erklären musste, dass die Ukraine ein funktionierender Staat sei. In einem Tweet fügte er oder seine Mitarbeiten den entscheidenden Satz hinzu: „Dieser Krieg wird auf dem Schlachtfeld gewonnen werden. Weitere 500 Mio. € aus dem EPF sind in Arbeit. Die Waffenlieferungen werden auf die ukrainischen Bedürfnisse zugeschnitten sein.“

Damit hat Borrell, hat die EU die Diplomatie explizit aufgekündigt. Mit den Waffenlieferungen, der finanziellen Unterstützung und den Sanktionswaffen ist die EU, sind die EU-Mitgliedsländer, längst Kriegsteilnehmer, die es aber vorziehen, beteiligte und einer Partei zujubelnde Zuschauer zu bleiben, die aber den geopolitischen, militärstrategischen, rüstungsindustriellen,  wirtschaftlichen und politischen Erfolg, für den andere aus bluten, einzuheimsen. Die direkten Kriegsparteien sind nur Spielfiguren, die Machtinteressen werden in Russland und in der Ukraine hinter dem aufwallenden Nationalismus verdeckt, bei dem vorgegeben wird, dass es um das Überleben der Nation geht.

Dieser Beitrag muss nicht unbedingt die Meinung der Redaktion widerspiegeln.

Titelbild: EU-Außenbeauftragter Josep Borrell bei dem europäischen Gipfel zur Ukraine in Brüssel, 25. März 2022 an  © Stephanie Lecocq/EPA

Der folgende Artikel von Florian Rötzer ist ursprünglich auf dem Portal „Krass&Konkret“ erschienen und wird mit dem Einverständnis des Autors veröffentlicht.

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