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Kriegsbefürworter spielen Atomkriegsgefahr herunter

Von Florian Rötzer

Die Ukraine kann im Kampf gegen Russland weiter aufgerüstet und unterstützt werden, einen Atomkrieg wird es nicht geben, erklärte Christo Grozev der Daily Times, die ihn als Experten für russische Angelegenheiten bezeichnet und der es deswegen ja wissen muss. Der Bulgare Grozev ist vor allem deswegen bekannt, weil er Mitarbeiter von Bellingcat ist. Dort ist er zuständig für „Sicherheitsbedrohungen, extraterritoriale geheime Operationen und die ‚weaponization‘ von Informationen“, also für Informationen, die waffenförmig gemacht werden, was das immer genauer heißen mag, aber zum Renner geworden ist, um den öffentlichen Diskurs einzuschränken bzw. die Informationswaffen des Gegners durch eigene Bombardements abzuwehren.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat kurz nach Beginn des Einmarsches der russischen Truppen in die Ukraine die Abschreckungskräfte, zu denen auch die für Atomwaffen zuständigen Einheiten gehören, in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Das ist Stufe 2 von vier und bedeutet noch nicht, dass Atomwaffen scharf gemacht werden, sondern dass die Truppen in Bereitschaft sein müssen. Stufe 1 ist normal, Stufe 3 bedeutet militärische Gefahr, die Atomwaffen werden einsatzbereit gemacht, Stufe 4 wäre Eintritt in den Atomkrieg.

Zu Beginn des Kriegs hatte Putin schon gewarnt: „Wer auch immer versucht, sich uns in den Weg zu stellen oder gar Bedrohungen für unser Land und unser Volk zu schaffen, er muss wissen, dass Russland sofort reagieren wird, und das wird Konsequenzen haben, wie Sie sie in Ihrer gesamten Geschichte noch nie gesehen haben.“ Im April soll ein erfolgreicher Test der neuen russischen Langstreckenrakete Sarmat stattgefunden haben, die nach Putin von keinen Raketenabwehrsystemen abgefangen werden kann. Am 27. April warnte Putin in einer Rede vor Parlamentariern unmissverständlich, ohne explizit von Atomwaffen zu sprechen:
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„Ich möchte noch einmal betonen: Wenn jemand beabsichtigt, von außen zu intervenieren und eine strategische Bedrohung für Russland zu schaffen, die für uns nicht akzeptabel ist, sollte er wissen, dass unsere Vergeltungsschläge blitzschnell sein werden. Wir verfügen über die dafür notwendigen Mittel, die derzeit niemand sonst für sich beanspruchen kann. Wir werden nicht nur damit prahlen, wir werden sie auch einsetzen, wenn es nötig ist. Und ich möchte, dass alle wissen: Wir haben alle Entscheidungen in dieser Angelegenheit getroffen.“

Vermutlich wurden auch die amerikanischen Atomstreitkräfte in Alarmbereitschaft versetzt. Sowohl Russland als auch die USA behalten sich ein atomares Erstschlagrecht vor. Alexey Zaitsev, ein Sprecher des Außenministeriums erklärte, Russland würde in der Ukraine keine taktischen Atomwaffen einsetzen. Moskau halte daran fest, dass ein Atomkrieg nicht ausbrechen dürfe. Lawrow wies zurück, er habe „nukleares Säbelrasseln“ betrieben, wie US-Verteidigungsminister Austin sagte, Russland sei stets dem Prinzip gefolgt, dass es zu keinem Atomkrieg kommen dürfe.  Er gab aber zu bedenken, dass der ukrainische Präsident bedauerte, auf Atomwaffen verzichtet zu haben, und dass Polen sich bereit erklärte hatte, US-Atomwaffen zu stationieren. Andererseits hat Russland in Kaliningrad gerade demonstrativ Simulationsübungen für das Starten von mit Nuklearsprengköpfen ausrüstbaren Iskander-Raketen durchführen lassen.

Die Befürworter der unbedingten militärischen Unterstützung der Ukraine mit immer mehr Waffen und mit militärisch wichtigen Informationen, um einen Sieg über Russland zu erringen oder, wie es in einem Offenen Brief lapidar heißt, „die Kriegsfähigkeit Russlands maximal zu schwächen“, spielen die nukleare Bedrohung entsprechend herunter.

Mitunter wird gesagt, obwohl man Putin dauernd Irrationalität und Größenwahnsinn unterstellt, dass er dann letztlich doch noch rational handeln und nicht zu Atomwaffen greifen wird, auch wenn es um den Sieg über Russland oder dessen maximale Schwächung geht, wie US-Verteidigungsminister Austin das amerikamische Kriegsziel nannte. Voodoo-Zauber ist in dem von Ralf Fücks initiierten Offenen Brief die alternativlose vorgeschlagene Vermeidung eines Einsatzes von Atomwaffen: „Der Gefahr einer atomaren Eskalation muss durch glaubwürdige Abschreckung begegnet werden.“ Auch eine solche Abschreckung ist Teil der Eskalation und mindestens ein Beitrag zum Eintritt in eine Dynamik, die oft genug schon in Kriegen geendet hat und dieses Mal in einen Atomkrieg münden kann, in dem alle zu Verlierern werden. Der grüne Falke Fücks warf denn denjenigen, die einen Atomkrieg vermeiden wollen, Furcht vor, was natürlich gar nicht im neuen militärisch-heroischen Zeitalter geht, in dem das Risiko gefeiert wird.

Grozev, um zum Beginn zurückzukommen, hat nun eine weitere Beruhigung für die Aufrüster parat, die die Ukrainer auch für sich kämpfen lassen, aber nicht selbst an die Front gehen wollen. Er will nämlich wissen, sagte er Daily Mail, dass Putins Umgebung seinem etwaigen Befehl nicht folgen würde, Atomwaffen gegen die Ukraine oder den Westen einzusetzen. Viele aus dem inneren Zirkel der Kremlmacht, aus Militär- und Sicherheitskrisen und von den Oligarchen, würden nämlich glauben, dass Putin schwer erkrankt sei oder am Sterben sei. Als Zeichen wird in der Daily Mail bewertet, dass er sich mitunter an einer Tischecke festklammert. Grozev:

„Ich denke, es ist nicht so wichtig, ob er im Sterben liegt oder schwer krank ist, wichtig ist, dass die Menschen um ihn herum das denken. Das ändert die Formel, das ist ein Faktor, der darüber entscheidet, wie loyal die Menschen ihm gegenüber sein sollten. Ich glaube, dass dieser Faktor – dass die Menschen, die ihm nahe stehen, denken, dass es ihm gesundheitlich nicht gut geht – das Risiko verringert, dass sie seinem Befehl, Feinde zu töten, gehorchen, wie sie es in der Vergangenheit getan haben. Aus demselben Grund ist es unwahrscheinlich, dass jemand den Atomknopf drückt, weil er weiß, dass, wenn er in drei oder sechs Monaten nicht mehr da ist, wer ihn vor einem Prozess in Nürnberg schützen wird.“

Dann kann man beruhigt weiter schwere oder alle Waffen in die Ukraine liefern, die Soldaten ausbilden, den Streitkräften direkt im Kampf helfen und zur direkten Kriegspartei werden.

Dieser Beitrag muss nicht unbedingt die Meinung der Redaktion widerspiegeln.

Titelbild: Pixabay

Der folgende Artikel ist ursprünglich auf dem Portal „Krass&Konkret“ erschienen und wird mit dem Einverständnis des Autors veröffentlicht.

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