Von Urs P. Gasche
Nach dem Zwangsverkauf der Credit Suisse an die UBS „herrscht nach wie vor Unsicherheit an den Börsen“, meldete gestern Freitag, 24. März, die Schweizer Tagesschau. Die Aktien der Deutschen Bank beispielsweise hätten am Freitag 8,5 Prozent ihres Wertes verloren. Die Regierungschefs würden „versuchen zu beruhigen“.
In Brüssel versammelte Regierungschefs sahen sich veranlasst, die Öffentlichkeit am Fernsehen zu beruhigen.
Olaf Scholz erklärte in der ARD-Tagesschau:
„Die Deutsche Bank hat ihr Geschäft grundlegend modernisiert und neu organisiert und ist eine sehr profitable Bank. Es gibt keinen Anlass, sich irgendwelche Gedanken zu machen.“
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zur gleichen Zeit im Fernsehen:
„Wir haben aus vergangenen Krisen gelernt. In der Eurozone sind die Banken heute am solidesten, weil sie die Vorgaben für Solvenz und Liquidität, die nach der Finanzkrise von 2008 entstanden, am gewissenhaftesten befolgen.“
Wie hiess es doch zum Kollaps der Credit Suisse: Sie habe überhaupt keine Liquiditätskrise gehabt. Es seien vielmehr die gestiegenen Zinsen gewesen, Probleme von US-Banken und Gerüchte in Social Media, welche die Grossbank ins Schleudern gebracht hätten.
Falls dies zutrifft, wäre dies ein Beleg dafür, auf wie wackeligen Füssen das gesamte Finanzsystem beruht. Denn steigende Zinsen waren längst vorauszusehen. Ebenso, dass etwa in den USA, Italien, Spanien oder Griechenland einzelne Banken ins Taumeln kommen könnten. Und Gerüchte in Social Media sollten abermilliardenschweren Grossbanken wohl nichts anhaben können.
Doch dies ist offensichtlich tatsächlich möglich, weil das Bankensystem ein klappriges Kartenhaus ist, das auf nahezu blindes Vertrauen der Sparer, Anleger und Investoren angewiesen ist. Aus diesem Grund dürfen Regierungen, Behörden – und natürlich auch die Banken selbst – nie reinen Wein einschenken.
Auch zu viele Experten befolgen dieses Gebot und warnen nicht rechtzeitig, wenn sie Schwachstellen und Gefahren analysieren. In der ARD-Tagesschau äusserte sich Hans-Peter Burghof, Finanzökonom an der Universität Hohenheim:
„Ich sehe keinen Grund für eine allgemeine Bankenkrise […] Die Banken werden von den Märkten schlecht behandelt.“
Vielleicht haben Experte Burghof, Macron und Scholz recht. Es wäre jedenfalls zu hoffen.
Aber ihre beruhigenden Worte sind nichts wert, weil sie auch so reden müssten, falls es wirklich ernsthafte Anzeichen einer Bankenkrise gäbe.
Noch vier Tage vor dem mit Notrecht angeordneten Verkauf der Credit Suisse an die UBS, erklärten die Aufsichtsbehörde Finma und die Schweizerische Nationalbank in einem gemeinsamen Communiqué:
„Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA und die Schweizerische Nationalbank SNB informieren, dass von den Problemen gewisser Bankinstitute in den USA keine direkte Ansteckungsgefahr für den Schweizer Finanzmarkt ausgeht. Die für die Schweizer Finanzinstitute geltenden strengen Kapital- und Liquiditätsanforderungen sorgen für die Stabilität der Institute. Die Credit Suisse erfüllt die an systemrelevante Banken gestellten Anforderungen an Kapital und Liquidität.“
Die Medien sollen solch beruhigende Aussagen von Behörden, Experten und Banker nicht zum Nennwert weiterverbreiten, sondern stets darauf hinweisen, dass keiner dieser Exponenten je die Wahrheit sagen würde, falls am Bankenhimmel düstere Wolken aufziehen.
Erst nach einem Kollaps können alle Fehler und vergangenen Warnzeichen aufgezählt werden.
Das Vertrauen, das nicht erschüttert werden darf
Das fast blinde Vertrauen in Grossbanken – und damit das Schönreden – muss heute aus folgenden Gründen unzumutbar gross sein:
Massnahmen die sich aufdrängen, damit fehlendes Vertrauen nicht so rasch zu einem Crash führt
Professor Chesney hat notwendige Massnahmen bereits vor zehn Jahren auch auf Infosperber aufgezählt. Keine davon wurde seither umgesetzt. Sie drängen sich mehr denn je auf, damit die Märkte wieder normal funktionieren:
Der Beitrag muss nicht unbedingt die Meinung der Redaktion widerspiegeln.
Titelbild: Sitz der Deutschen Bank in Frankfurt (am Main) © Mistrulli/ROPI via ZUMA Press
Dieser Artikel ist zuvor auf dem Portal „Infosperber.ch“ erschienen und wird unter der Lizenz Creative Commons BY-NC-ND 4.0 veröffentlicht.
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