Laut einem Bericht des Handelsblatts ist in Italien die Regierung von Ministerpräsident Giuseppe Conte geplatzt. Der kleine Koalitionspartner Italia Viva des früheren Premierministers Matteo Renzi hat am Mittwoch seine beiden Ministerinnen aus dem Kabinett abgezogen. Die Mitte-links-Koalition von Fünf-Sterne-Bewegung und Sozialdemokraten unter dem parteilosen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte hat damit keine Mehrheit mehr im Parlament. Damit drohen Italien Neuwahlen.
Offenbar drehen sich die Differenzen zwischen Renzi und Conte um das milliardenschwere Corona-Programm "Recovery Plan", das die Regierung in der Nacht auf Mittwoch verabschiedet hat. Renzi machte Conte in diesem Zusammenhang scharfe Vorwürfe und erklärte, der Regierungschef umgehe mit vielen Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie demokratische Regeln. Demnach gebe es die Krise schon seit Monaten und Italia Viva sei nicht ihr Urheber dafür. "Wir spielen nicht mit den Institutionen", versicherte der 46-jährige Politiker. Zugleich machte er Angebote, über das weitere Vorgehen zu verhandeln. Er rechne nicht mit schnellen Neuwahlen, so Renzi.
Den Fünf Sternen nahe stehende Ministerpräsident hatte seinen Entwurf für den Einsatz der Milliarden aus dem EU-Wiederaufbaufonds in der Nacht zu Mittwoch gegen den Widerstand der Ministerinnen Bellanova und Bonetti im Kabinett beschließen lassen. Beide Politikerinnen forderten Berichten zufolge in der Sitzung, dass Rom Gelder des europäischen Rettungsschirms ESM beantragen solle. Das lehnte Conte immer wieder ab.
Renzi drohte schon vor Weihnachten mit dem Rückzug aus der Regierung, Anfang der vergangenen Woche erhöhte er nochmals den Druck. Letztlich trug die Erpressung sogar Früchte: Der Plan, den das Kabinett in der Nacht zum Mittwoch absegnete, enthält viele von Renzis Änderungswünschen. Vor allem ins Gesundheitssystem fließt mit knapp 21 Milliarden Euro eine viel höhere Summe, ursprünglich waren nur neun Milliarden Euro veranschlagt.
In Contes Bündnis sind die populistische Fünf-Sterne-Bewegung und die einst von Renzi geführten Sozialdemokraten (PD) die großen Kräfte. Hinzu kommt neben Italia Viva die zweite Kleinpartei Liberi e Uguali (Die Freien und Gleichen).
Titelbild (Archiv): © Massimo Pepcossi/EPA
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